Wer sich als neutraler Zuschauer das Drittliga-Spiel zwischen dem VfL Osnabrück und Rot-Weiss Essen angetan hat, der wird vermutlich nicht gedacht haben, dass da der Letzte gegen den Achtzehnten spielt.
Denn: Während der VfL die Verkörperung von Unsicherheit war, trat RWE in der ersten Halbzeit ziemlich selbstsicher auf - nicht wie ein krisengebeuteltes Kellerkind. Mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe, mehr Ecken, mehr Abschlüsse.
Aber: Es sah nur zwischen den Strafräumen ordentlich aus, auch ohne acht Mann. Wobei man immer sagen muss, dass es gegen einen Gegner ging, der gefühlt den Bus im eigenen Tor parkte und der schon froh war, wenn mal zwei Pässe am Stück zum eigenen Mann kamen. Selten hat man in den ersten Ligen eine so verunsicherte Truppe gesehen.
Und daher bleibt die bittere Erkenntnis: Wer solche Spiele nicht gewinnt, der steigt am Ende einer Saison meistens ab. Denn solche Partien offenbaren, dass es in einem Kader nicht reicht. Überlegenheit ist das eine, Effizienz und Stabilität das andere.
Beides hat RWE nicht - seit Wochen. Daher kann man sich derzeit nur auf die gnadenlose Schwäche der anderen verlassen. Denn nur weil Stuttgart II oder Hannover II auch nicht von der Stelle kommen, beträgt der Abstand zum rettenden Ufer nur drei Punkte.
Die Essener müssen sich irgendwie in die Winterpause retten, am kommende Samstag irgendwie die U23 des VfB Stuttgart schlagen - oder in der derzeitigen Lage zumindest nicht verlieren.
Dann könnte man im Winter Korrekturen vornehmen, wenn denn das Geld für Zugänge vorhanden ist. Bedarf hat dieser Kader: Im Sturmzentrum, auf den offensiven Außen, wo es im Spiel nach vorne nur eine Konstante gibt.
Jeder finale Laufweg ist falsch, jeder finale Pass geht ins Leere, jede letzte Konsequenz, ein Tor unbedingt erzielen zu wollen, fehlt. Gut, dass Trainer Uwe Koschinat das in dieser Deutlichkeit auch angesprochen hat. Ob er das mit diesem Personal verändern kann, das steht auf einem anderen Blatt.
Ob er neue Impulse durch externe Transfers setzen kann? Auch das ist fraglich. Zwei Strafen stehen noch aus. Für den Raketen-Wahnsinn in Saarbrücken und für das Eindringen einiger Zuschauer in den Innenraum in Osnabrück.
Für ein ähnlich gelagertes Vergehen bekam der MSV Duisburg rund um das Heimspiel gegen Erzgebirge Aue knapp 25.000 Euro aufgebrummt. Nimmt man das Saarbrücken-Spiel dazu, werden es ganz sicher über 50.000 Euro sein - nett gerechnet.
Nimmt man bei einem Zugang ein realistisches Monatgehalt von rund 10.000 Euro (brutto) im Monat, sieht man schnell, dass sich ein Zugang aufgrund der zu erwartenden Strafen schon erledigt hat. Zudem muss man zwei Trainer bezahlen, denn auch der beurlaubte Christoph Dabrowski bezieht weiter sein Gehalt.
Das Fazit kurz vor dem Winter: Bis Platz 14 sind die Teams weit weg, RWE bricht sich im Spiel nach vorne den Finger in der Nase und Teile der Fans kosten den Verein dicke Summen aufgrund ihrer Vergehen.
Noch sind 20 Partien zu spielen, da ist viel zu korrigieren. Nur fehlt derzeit der Glaube, wie RWE mit dieser explosiven Gemengelage die Kurve bekommen will...